Soweit die Stimmen tragen

Frickhofen. Der MGV Eintracht und seine Erfolgsgeschichte

Chöre überaltern, schrumpfen und trocknen aus. Fast überall ist der schleichende Niedergang von Gesangsensembles zu besichtigen. Beim MGV Eintracht Frickhofen nicht. Hier singen Jung und Alt zusammen - dauerhaft und motiviert.

VON ANKEN BOHNHORST-VOLLMER

Auf die Lieder kommt es eigentlich gar nicht an, sagt Simon Schrade. Geistliche Werke, Klassik, Barock, Rock, Pop oder Schlager, das ist nicht wichtig, findet er. Es geht vielmehr um das musikalische Miteinander, um die Harmonie, die eben keine Grenzen kennt zwischen Jung und Alt, Schülern, Arbeitnehmern, Unternehmern und Rentnern. Deshalb singt der 21-Jährige im MGV Eintracht Frickhofen. Seit vier Jahren ist er dabei. Er ist einer von 55 Sängern des Chores, dessen Durchschnittsalter bei 45 Jahren liegt, sagt Vorstandsmitglied Peter Klein. Wie gelingt es dem MGV aus der Dornburg-Gemeinde, woran andere Chöre scheitern? Welches Rezept hält das Ensemble jung?

Keine Verpflichtung

Kleins Vorstandskollege Marcel Radermacher (34) lacht. "Der Zusammenhalt macht´s", bestätigt er, was Simon Schrade bereits berichtet hat. Man habe einen guten Draht zu den jungen Leuten im Ort. Die Motivation funktioniert. Und das Verständnis auch. Die Nachwuchskräfte würden nicht "verpflichtet", sagt auch Sänger Peter Zell (47). Wenn einer der jungen Männer bei der wöchentlichen Chorprobe fehlt, weil er vielleicht seinen Schulabschluss oder eine andere dringende Party feiert, dann habe man mit ihm ein Einsehen, erzählt er vergnügt. Jeder war mal jung. Und das Verständnis der Eintracht-Herren reicht sogar noch weiter: "Wenn die jungen Kollegen freitags nach der Probe noch feiern wollen, bilden wir Fahrgemeinschaften und fahren sie", berichtet Radermacher.

Trotzdem ist klar: Der Chorgesangt steht beim MGV im Vordergrund. Geprobt wird zur allgemeinen Freude, aber auch zur Erlangung eines gemeinsamen Zieles: Man volle hochwertige Musik hochwertig präsentieren, sagt Peter Klein. Und das auch, wenn die äußerden Bedingungen bisweilen nicht optimal sind. Etwa wie beim diesjährigen Frühjahrskonzert, bei dem etliche Sänger erkrankt waren. Zuletzt fiel auch der Dirigent aus - und ein versierter Sangesbruder sprang ein. Für Jens Röth trat spontan Bernhard Diefenbach ans Dirigentenpult, führte die Sänger durch Orlando die Lassos "Bonjour, mon coeur", eine muntere Version von "Horch, was kommt von draußen rein" und den Wise-Guys-Hit "Wie kann es sein". Das Konzert war ein Erfolg.

Natürlich haben längst nicht alle Sänger eine umfangreiche musikalische Ausbildung genossen, räumt Peter Zeill ein. Deshalb halte man genau hier ein Angebot für die Chormitglieder bereit, um sie zu fördern und zu fordern. "Immer mal wieder laden wir Wilhelm Gries, den Stimmbildner der Limburger Domsingknaben, ein, um mit uns zu arbeiten." Zum ersten Mal habe man diesen Schritt vor etwas mehr als zwei Jahren gewagt. Ein Sängerwettstreit in Prag stand bevor, und der Chor wollte sich einen letzten Schliff verpassen lassen. Der Vorstand fragte Gries, und der kam. Auch diese Zusammenarbeit motiviert die Sänger der Eintracht und verbindet sie. Musikalisch und menschlich.